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Blick in die Geschichte: Bunker 1933 bis 2001

 

 

1933- 1945 Bunkerbau im Nationalsozialismus

 

Der Zweite Weltkrieg war eine unausweichliche Folge der nationalsozialistischen Politik und nicht eine Folge allgemeiner politischer Entwicklungen. So war die Wirtschaftspolitik der Nationalsozialisten zwangsläufig darauf ausgerichtet, andere Staaten zu überfallen und auszuplündern.

 

Errichtet wurden die Luftschutzbauten in Hamburg v.a. durch italienische und niederländische Bauarbeiter, die zunächst angeworben wurden, dann durch zwangsweise Vertragsverlängerung den Status von Zwangsarbeitern – zeitgenössisch „Zivilarbeiter" – erhielten. Da beide aber zu bevorzugten Kategorien innerhalb der rassistischen NS-Zwangsarbeiter gehörten, war ihnen der Zutritt zu den Bunkern erlaubt. Sowjetische Kriegsgefangene blieb das Betreten verboten. Andere Kriegsgefangenenkommandos hingegen – z.B. französische „Kriegsgefangenen Bau- und Arbeitsbataillone" – durften unter besonderen Umständen (keine vollständige Belegung und ausreichende Bewachung) mit in die Bunker. Im Bereich der U-Boot-Fertigung „durften" KZ-Häftlinge mit in den U-Boot-Bunker „Elbe II", mussten aber in gefährdeten Bereichen (zwischen zwei Becken, ca. drei Meter über dem Wasser, ohne Sicherung) in Reihe angetreten (!) bleiben, auch wenn der Angriff mehrere Stunden dauerte. Verlassen der Formation bedeutete entweder, ins Hafenbecken zu stürzen oder von Wachen bzw. Funktionshäftlingen zurückgeprügelt zu werden

 

Die Nationalsozialisten waren, wie eingangs schon erwähnt, entgegen ihrer Beteuerungen überhaupt nicht bemüht, den Menschen ausreichend Schutzplätze zur Verfügung zu stellen. Das zeigt sich daran das nur für weniger als 10 % der Bevölkerung überhaupt bombensichere Bunkerplätze errichtet wurden. Die meisten Menschen mussten in Hauskellern ausharren, die nur unzureichend Schutz boten.

 

Bei den Planungen des Luftschutzes für die Zivilbevölkerung im Jahre 1933 wurde Deutschland in drei Zonen eingeteilt: die Regierung stellte nur denjenigen Regionen Gelder für den Bau von bombensicheren Bunkern zur Verfügung, in denen es kriegswichtige Industrie gab. Da die Industriebetriebe im Krieg auf Rüstungsproduktion umgestellt wurden, lässt sich der Bau von Bunkern für die Zivilbevölkerung, vereinfacht gesagt, als Beruhigungsstrategie der in der Rüstungsindustrie tätigen Menschen beschreiben (s.o).

 

Zahlreiche der ab 1942 errichteten Bunker, waren darüber hinaus nur unzureichend ausgerüstet. Das NS-Regime hatte sich entschieden, das Material nicht zum Schutz der eigenen Bevölkerung einzusetzen, sondern in die Weiterführung eines verbrecherischen und v.a. strategisch bereits verlorenen Krieges zu investieren.

 

 

Bunkerbau während der NS-Zeit in Hamburg

 

Hamburg verfügt heute, im Vergleich zu anderen deutschen Städten – so erhielt z.B. Dresden keine Zuwendung aus Reichsmitteln zum Bau von Schutzanlagen für die Bevölkerung - über eine Vielzahl an Bunkeranlagen. Die Denkmalbehörde geht von ca.700 noch erhaltenen Bauwerken aus. Heute sind es 71 Hochbunker, 11 Rundtürme und eine Vielzahl von Tief-, Röhren- und Rundbunker.

 

Die Zahlen dürfen aber nicht über wirkliche Schutzfunktion der Bauwerke hinwegtäuschen. Nur ein geringer Teil der Bauwerke ist (für ihre Bauzeit) als bombensicher einzustufen.

 

Die vergleichsweise hohe Zahl an Bunkern geht einerseits auf die Einstufung Hamburgs als Luftschutzort erster Ordnung zurück. Andererseits verfügten die Häuser der Arbeiterquartiere Hamburgs, bedingt durch Kostenersparnisse beim Bau und des hohen Grundwasserspiegels nicht alle über Keller. Dies machte schon in Hinblick auf den Erhalt der Arbeitskräfte für die kriegswichtige Industrie den Bau von Schutzanlagen für die Arbeiter erforderlich.

 

Viele Anlagen mit sehr unterschiedlicher Schutzfunktion entstanden vor dem offiziellen Bunkerbauprogramm. Die Mehrzahl der bombensicheren Bunker wurde in Hamburg in den Jahren 1940 – 1941 errichtet, mit Ausnahme der Flaktürme. Sie hatten vorzugsweise eine militärische Funktion, wurden aber der Bevölkerung zugänglich gemacht. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion wurden keine bombensicheren Bauten mehr errichtet, sondern nur noch Bunker die höchstens einen Splitterschutz boten (365 Röhrenbunker). Mit der Entscheidung zum Bau des Atlantikwalles ist die NS-Führung nicht mehr bereit Arbeitskräfte und Baumaterial in einem nennenswerten Ausmaß zum Schutz der eigenen Bevölkerung einzusetzen.

 

Es ging der NS-Führung mit dem Bau von Bunkern zu keinem Zeitpunkt darum die "Volksgenossen" ausreichend mit Bunkeranlagen zu sichern. „Die Errichtung von Luftschutzbauten kann in letzter Konsequenz als Ausdruck von präventiven Maßnahmen verstanden werden die sichern sollten, dass große Teile der deutschen Bevölkerung die Kriegspolitik des Regimes nicht nur mittrugen, sondern sich auch weitgehend mit ihr identifizierten. So veranlasste nur militärischer Zwang die Naziführung, auf diesem Sektor ein Minimum an Initiative zu entfalten, wobei sie dieses Kleinstmaß durch eine massensuggestive Propaganda gleichwohl den Eindruck führsorglicher Großzügigkeit zu verleihen suchte". (GR)

 

Zuständig für die Organisation und Durchführung des Luftschutzes war der Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe (RdLuObdL), Hermann Göring. Er bediente sich zur Durchführung des Luftschutzes „seiner, Dienststellen, der Polizei und der Polizeiaufsichtsbehörden und nimmt je nach Erfordernissen die Dienststellen der Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände und der sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts in Anspruch" (Schm S. 20 unten L)

 

 

1949 – 1989: Der Kalte Krieg

 

An der Vielzahl der heute in Hamburg noch vorhandenen Bunkerbauwerke, lässt sich an der relativ raschen Festlegung der Westalliierten auf das neue Feindbild des Kommunismus ausmachen.

 

Der Aufteilung der Welt in zwei Blöcke geht zunächst die Aufteilung Deutschlands in vier Besatzungszonen im Zuge der Beschlüsse der Potsdamer Konferenz (Demobilisierung, Demilitarisierung, Demokratisierung und Entnazifizierung) zuvor. Erst mit dem Auseinanderbrechen der „Anti-Hitler-Koalition" (Berlin-Blockade, Entstehung der Bi-Zone, Währungsreform) wird der Korea-Krieg bzw. eine kommunistische Invasion auch für West-Europa ein denkbares militärstrategisches Szenario.

 

In der Öffentlichkeit scheint das bis dahin gemeinsame Vorgehen der vier Alliierten fast vergessen.

 

Die Westalliierten befürchteten eine erneute militärische Auseinandersetzung auf deutschem Boden und setzten damit die Zerstörung von Bunkern – Entfestigung genannt – aus. 1999 stammten von den 77 öffentlichen Schutzräumen noch 39 (Tief- und Röhrenbunker, Bunkerhäuser) aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. (Schm S. 14 2R)

 

Ausgehend vom Bunkerbau, im Kalten Krieg „Zivilschutz" genannt, kann die personelle und institutionelle Kontinuität aus der Zeit des Nationalsozialismus in der BRD deutlich gemacht werden. Diese ergab sich u.a. aus der schnellen Aufgabe der Entnazifizierung durch die West-Alliierten. Die Ursache für die Aufgabe der Entnazifizierung lag einerseits im neuen Feindbild der Westalliierten im eskalierenden Kalten Krieg – dem Kommunismus – sowie in der Einbindung des westlichen Teilstaates in das westliche Bündnissystem andererseits. Der politische, wirtschaftliche und vor allem militärische Aufbau der BRD, den die West-Alliierten vorantrieben, war nur unter Zuhilfenahme von Fachleuten möglich. Diese fanden sich in den ehemaligen Funktionsträgern des Dritten Reiches. Als Beispiel sei hier Erich Hampe angeführt, der in der NS-Zeit für die Technik des Luftschutzes zuständig war. In den 1950er Jahren baute er die Zivilschutzorganisation der BRD auf.

 

Die personelle und institutionelle Kontinuität im Bereich des Luftschutzes lässt sich aber auch an den Bunkern selber aufzeigen, nämlich an der Verwendung derselben Technik, durch die Gestaltung – dem Aufbringen der Schriften auf den Wänden sowie an der Wortwahl der Aufschriften. So findet sich in zahlreichen Bunkern am Raum für die Aufsicht der Schriftzug „Bunkerwart" – eine Bezeichnung, die bereits in der NS-Zeit Verwendung fand.

 

Am Bunkerbau in der Zeit des Kalten Krieges, kann folgender Grundzug von Politik deutlich gemacht werden: Derjenige, der die Worte mit Inhalten besetzt, steuert das Denken der Menschen und kann so Macht ausüben.

 

So wurden die in der Zeit des Kalten Krieges errichteten Bunker in „Zivilschutzanlagen" umgebaut. Benennung der Bauwerke in Atombunker – als korrekte Bezeichnung – hätte die berechtigten Ängste vor einem erneuten Krieg geschürt. Die Bezeichnung Bunker hätte die Menschen an den von Deutschland begonnenen und desaströs verlorenen Weltkrieg erinnert. So wurden die Bauwerke in „Zivilschutzanlagen" umbenannt und zwar von jenen, die in der Zeit des Nationalsozialismus für den Bau von Bunkeranlagen zuständig waren. Damit wurde die Herkunft der Bauwerke – nämlich der Kontext des Zweiten Weltkrieges – aus dem Namen getilgt. In den Bauwerken wurde aber nach wie vor die gleiche Technik, z.T. von den selben Firmen eingebaut (z.B. Dräger-Werke in Lübeck, das heute weltweit führende Unternehmen im Bereich der Atemschutztechnik). Während der Begriff „Bunker" die Nutzung konkret bezeichnet, bleibt bei dem Wort „Anlage" die Funktion unbestimmt.

 

Der Begriff „Zivilschutz" soll suggerieren, dass es sich hierbei um ein Bauwerk handelt, das mit Krieg in keinem direkten Zusammenhang steht. Damit wurde über die Namensänderung die eigentliche Bestimmung der Bauwerke in ihr Gegenteil verkehrt. Bunker sind immer Teil einer Kriegsstrategie der Militärs – es handelt sich also nach wie vor um militärische Bauwerke. Wer die Bezeichnung „Zivilschutzanlagen" unkritisch verwendet, ohne auf diesen Kontext hinzuweisen, läuft Gefahr, den politischen Intentionen derer zu folgen, die die Umbenennung vorgenommen haben.

 

Da die historische Epoche des Kalten Krieges noch nicht so lange vorbei ist und die architektonischen Relikte der Bunker gut erhalten geblieben sind, lassen sich über diese Bauwerke die Teilnehmer am ehesten für das geplante Leben in einer Kriegssituation sensibilisieren.

 

Bei der Enge der Räume – jedem Insassen standen 1,1 Quadratmeter zu Verfügung – sowie der Vermittlung der vorgesehenen Verweildauer – mindestens zwei Wochen – mit Tausenden anderer Menschen, macht deutlich, dass keinerlei Privatsphäre gegeben ist. Hier wird der Unterschied zwischen persönlich-moralischer Bewertung und technisch-funktionalem, militärischem Denken deutlich.

 

Technisch gesehen ist alles, was Menschen zum Überleben benötigen, vorhanden: Sitzbänke, Betten, Wasserversorgung, Stromversorgung.

 

Dass in Kriegszeiten die Logik des Krieges mit unseren Vorstellungen von Humanismus und Mitgefühl in Konflikt gerät, wird an der Belegung des Bunkers deutlich: Wenn die für das Bauwerk vorgesehene Belegungsstärke erreicht ist, wird der Bunker verschlossen. Unabhängig davon, wie viele Menschen mit gegebenenfalls freundschaftlichen oder verwandtschaftlichen Verbindungen draußen zu bleiben haben. Der Bunker wird im Sinne der sich darin Befindenden geschlossen, um deren Sicherheit nicht zu gefährden.

 

 

Die Rezeptionsgeschichte der Bunker aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges

 

Die Rezeptionsgeschichte der Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg, bezieht sich auf Bauwerke, die in der Zeit des Nationalsozialismus errichtet und nicht erneut zu „Zivilschutzanlagen" umgerüstet wurden.

 

Ausgehend von Bunkern und der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg, kann die in der Nachkriegszeit einsetzende und bis heute in der Öffentlichkeit vorhandene,

 

Verkehrung der Realität der Zeit des Nationalsozialismus deutlich gemacht werden.

 

So überwiegt in der Hamburger Öffentlichkeit im Bezug auf den Zweiten Weltkrieg der Gedanke an die Vielzahl der Toten durch die alliierten Bombenangriffe und damit die kollektive Zuschreibung der Hamburger als Opfer des, von den Alliierten entfachten, Feuersturms. Real war aber das Leid, das die Opfer der Nationalsozialisten seit 1933 zu erdulden hatten, größer als das Leid, das durch die Alliierten Bombenangriffe ausgelöst wurde. Denn allein im Konzentrationslager Neuengamme kamen doppelt so viele Menschen ums Leben wie während des Feuersturmes im Sommer 1943. Von den bereits vor 1940 bestandenen Lagern und Gefängnissen – Wittmoor, Fuhlsbüttel, Stadthaus – nicht zu reden.

 

Der Grund für eine solche Verkehrung der historischen Ereignisse liegt im Wunsch nach Verdrängung der Mittäterschaft. Diese findet ihren symbolischen Ausdruck im Umgang mit dem zentralen Ort des Terrors der Nationalsozialisten für den gesamten norddeutschen Raum – dem Konzentrationslager Neuengamme. Als das Lager 1948 von den Briten an die Hamburger Übergangsregierung übergeben wurde, versuchte diese, den „Schandfleck der Vergangenheit" auf ihre Weise zu löschen: Auf dem Gelände des ehemaligen Häftlingslagers sollte – quasi als Neuanfang – ein „Mustergefängnis" entstehen. Erst in den achtziger Jahren entstand dort eine Gedenkstätte.

 

 

1989 – 2001: Bunker nach Ende des Kalten Kriege 

 

Ausgehend von den Bunkern aus der Zeit des Kalten Krieges, kann der epochale Einschnitt, den der Zusammenbruch der sozialistischen Staaten und des sozialistischen Staatenbündnisses bedeutet(e), anschaulich gemacht werden.

 

1990 veränderte sich die Bedrohungslage grundlegend: Den politischen Feind an der Ostgrenze der BRD gab es plötzlich nicht mehr. Folglich hat es auch keinen Sinn Bunkerbauwerke bereitzuhalten, in dem die Bevölkerung im Falle eines Krieges zwei Wochen Schutz finden kann.

 

Nach den militärtheoretischen Szenarien würde ein Krieg nun nicht zuerst in Europa, sondern in anderen Teilen der Welt entstehen. Bevor ein derartiger Konflikt direkte und v.a. lebensbedrohliche Auswirkungen auf das Leben der europäischen Zivilbevölkerung hätte, würde mindestens ein Jahr vergehen. In der Folge wurde einerseits in Deutschland weniger Geld für den Zivilschutz bereitgestellt, anderseits konnten bestehende Zivilschutzanlagen dort wo es möglich ist – wie z.B. in Zugängen von U-Bahnhöfen anders genutzt werden, etwa als Einkaufspassage. Man ging davon aus, dass die Geschäfte innerhalb eines Jahres rückzubauen seien.

 

 

2001 – heute: Bunker im Zeitalter der Neuen Kriege

 

Mit dem 11. September 2001, ergab sich eine völlig neue militärisch-strategische Bedrohungslage, die sich folglich auch in der Veränderung der Planung und Ausführung im Bezug auf Bunkeranlagen auswirkt. Neben diesen Veränderungen, muss zunächst auch die Definition Neuer Kriege erläutert werden, aus der sich direkte Folgen für den Schutz der Zivilbevölkerung ableiten lassen.

 

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